Russisch
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Bilder von I.Bilibin


in Fürst heiratete eine Fürstin. Sie war jung und schön und hatte ein gutes Herz. Er wollte immer bei seiner Frau bleiben, sie ansehen, mit ihr plaudern, ihre liebe Stimme hören. Aber man kann nicht das ganze Leben lang Hand in Hand verbringen. Die Zeit war gekommen, der Fürst sollte eine lange Reise antreten. Die Fürstin hatte lange geweint, der Fürst hatte ihr lange gut zugeredet. Und sie versprach ihm, ihr Gemach nicht zu verlassen, bösen Menschen aus dem Weg zu gehen, auf schlechte Rede nicht zu hören. Der Fürst fuhr weg, sie schloss sich in ihrem Zimmer ein und verliess es nicht. Eines Tages kam eine Frau zum Schloss, die einfach und herzlich zu sein schien, in Wirklichkeit aber eine Hexe war, die Böses im Schilde führte.
"Was langweilst du dich hier allein? Willst du dir nicht die weite Welt draußen ansehen, durch den Garten gehen, den Kopf an der Luft erfrischen?"
Die Fürstin war dagegen, doch die Frau redete weiter auf sie ein.
"Es ist doch nichts Schlimmes dabei, einmal durch den Garten zu gehen!",
dachte die Fürstin und ging hinaus. Im Garten war ein Teich mit klarem Wasser.
"Der Tag ist heiß" - sprach die Hexe – "die Sonne brennt, aber das Wasser ist kühl. Wollen wir nicht baden?"
"Nein, nein...", antwortete die Fürstin, "warum eigentlich nicht? ", dachte sie gleich darauf, "Es ist doch nichts Schlimme dabei, einmal ins Wasser zu tauchen!" Sie streifte ihren Sarafan ab und sprang ins Wasser. Als sie eintauchte, gab ihr die Hexe einen Schlag auf den Rücken.
"Schwimm als weißes Entchen dahin!",
sagte die Hexe, verwandelte sich in die Fürstin, zog ihr Kleid an und ging auf ihr Zimmer um auf den Fürsten zu warten. Als dieser zurückgekehrt war, warf sich die Hexe an seine Brust und küsste ihn. Er freute sich und merkte nichts. So blieb das weiße Entchen am Teich und legte dort drei Eier. Aus diesen Eiern kamen drei Menschenkinder zur Welt, zwei waren kerngesund und das dritte war klein und schwach- ein Kümmerling. Das Entchen zog sie groß und die Kinder begannen das Wasser zu verlassen, am Ufer herumzuspringen, auf der Wiese zu spielen.
"Ach, ihr könnt nicht dorthin gehen, Kinder!", sprach die Mutter.
Die Kinder wollten aber nicht hören, gingen immer weiter und weiter und schließlich kamen sie auf den Hof des Fürsten. Die Hexe witterte sofort, wer sie waren und knirschte mit den Zähnen. Aber sie gab ihnen zu essen und zu trinken und bettete sie zur Ruhe. Die zwei älteste Brüder schliefen sofort ein, der Kümmerling aber hatte verstanden, dass die Hexe sie töten wollte und hatte sich versteckt, schlief nicht, hörte alles und sah alles. In der Nacht klopfte die Hexe an die Tür:
"Schlaft ihr, Kinder?"
"Nein", antwortete der Kleine, "wir schlafen nicht, wir wissen, dass wir alle getötet werden sollen."
Die Hexe wartete noch eine Weile und kam dann wieder zur Tür zurück:
"Schlaft ihr, Kinder?"
"Nein", antwortete der Kleine, "wir schlafen nicht, wir wissen, dass wir alle getötet werden sollen."
"Aber warum höre ich immer die selbe Stimme?"
Sie machte vorsichtig die Tür auf und sah: beide Brüder schliefen. Die Hexe hatte die Hand eines Toten mit. Damit legte sie über die beiden Kinder einen Zauber und sie starben. Am Morgen rief die Ente ihre Kinder, aber sie kamen nicht. Das Herz fing ihr an zu schmerzen, sie erhob sich in die Luft und flog zu dem Schloss des Fürsten. Weiß wie ein Tuch, kalt wie heruntergefallenes Laub lagen beide Brüder auf dem Hof. Sie stürzte sich auf sie zu, breitete ihre Flügel aus, umarmte sie und beweinte sie mit der Stimme einer Mutter:
"Ach, meine Kinderchen, meine Täubchen!
Ich hab´ euch in Not großgezogen,
Unter Tränen gestillt,
In der Nacht über euch gewacht,
Satt hab ich mich nie gegessen."
"Hörst du, Frau? Unmöglich - eine Ente spricht mit Menschenstimme?", sprach der Fürst, der die Klage hörte.
"Das bildest du dir nur ein! Lass die Ente vom Hof jagen!", antwortete die Hexe.
Sie jagte die Ente fort, aber diese kehrte immer wieder zu ihren Kinder zurück:
"Ach, meine Kinderchen, meine Täubchen!
Die Hexe hat sie umgebracht,
Die böse Schlange hat euren Vater weggenommen,
mich in ein weißes Entchen verwandelt,
selbst lebt in sie jetzt in Glück mit meinem Gatten."
Der Fürst hörte alles und kam hinausgelaufen. Da flüchtete die weiße Ente in seine Hände. Er hielt sie fest und sprach die Zauberworte:
"Weiße Birke, hinter mich, schönes Mädchen stehe vor mir."
Eine weiße Birke spross plötzlich hinter ihm aus dem Boden und seine junge Fürstin stand vor ihm. Sie riefen sofort eine Elster herbei, hängten ihr zwei Fläschchen um den Hals und befahlen ihr das Wasser des Lebens und das Wasser des Sprechens zu holen. Die Elster flog weg und holte das Wasser. Die Eltern besprengten die Kinder mit dem Wasser des Lebens und sie begannen zu atmen, dann besprengten sie sie mit dem Wasser des Sprechens und die Kinder begannen zu sprechen. Und auch der Kümmerling war wieder da. So hatte der Fürst auf einmal eine ganze Familie und sie lebten in Frieden und Freude. Die Hexe aber wurde zerstückelt und auf weitem Felde verstreut. Vögel kamen geflogen und pickten das Fleisch auf, Winde erhoben sich und verwehten die Knochen und so blieb von ihr keine Spur und kein Zeichen.